Das SpineLab ist ein Forschungslaboratorium, in dem sich zwei statische und eine dynamische Zug-Druck-Testmaschine befinden. Sie sind Teil einer umfassenden Infrastruktur für experimentelle biomechanische Forschung. Die Maschinen sind mit Testaufbauten ausgestattet, die im Balgrist Campus entwickelt wurden und die es erlauben, diverse mechanische Belastungstests an Kadaverwirbelsäulen durchzuführen.
Grossstudie mit mechanischer Charakterisierung
In einer Grossstudie wurden über 50 Wirbelsäulensegmente von 30 menschlichen Kadaverwirbelsäulen gemessen und mechanisch charakterisiert. Es handelt sich dabei um eine der weltweit grössten je durchgeführten Kadaverstudien an Wirbelsäulensegmenten, die die aktuelle Datengrundlage erheblich verbessern und erneuern wird.
Die Ziele der Studie sind vielfältig:
- Die mechanischen Daten der Weichteilstrukturen, die für den Aufbau und die Validierung von patientenspezifischen, biomechanischen Computersimulationen, sind unerlässlich. Da im Balgrist Campus in diversen Projekten an der Entwicklung solcher Simulationen gearbeitet wird, stellen diese Daten wichtige Parameter im Aufbau der Modelle dar. Ziel dabei ist, ein patientenspezifisches «Mapping» der radiologischen Daten von Knochen und Weichteilen des Patienten in den Simulationen zu ermöglichen.
- Ein weiteres Ziel der Studie ist, das Verständnis für die verschiedenen Wirbelsäulenstrukturen und für den Einfluss der degenerativen Veränderungen auf diese zu vertiefen. Aktuell noch unbeantwortete Grundlagenfragen wie z.B. der stabilisierende Einfluss von Osteophyten auf Wirbelsäulen werden damit untersucht und der weltweiten Wissenschaft zur Verfügung gestellt.
Zyklische Langzeittests von Pedikelschrauben
Eine in der Wirbelsäulenchirurgie oft auftretende Komplikation nach der Verschraubung von Wirbelsäulensegmenten mit Hilfe von Titanschrauben und Vertikalverstrebungen (Spondylodese) ist das so genannte «Screw Loosening». Mit Hilfe der Zug-Druck-Maschine wurde ein Verfahren entwickelt, in dem Schrauben im Wirbelkörper unter Langzeitbelastung getestet werden können, um so Ideen für neue und optimalere Schraubentrajektorien experimentell testen zu können und in Zukunft die Vorfälle von «Screw Loosening» zu reduzieren.
Analyse operativer Instrumente
Eine rigide Instrumentierung ist eine Voraussetzung für ein erfolgreiches knöchernes Zusammenwachsen der Segmente nach einer Spondylodese. Die Industrie bietet dabei vielerlei Möglichkeiten an, z. B. Crosslinks, die horizontal zwischen die Vertikalstangen geschraubt werden und die Steifigkeit einer Verschraubung verbessern sollen. Im SpineLab wurde der Nutzen von Crosslinks an menschlichen Kadavern quantifiziert. Es zeigte sich zwar, dass die Crosslinks eine kleine Verbesserung bewirken, diese aber nicht von klinischer Relevanz ist. Dies ist ein exemplarisches Beispiel dafür, wie experimentelle Forschung im SpineLab direkten Einfluss in den klinischen Alltag der Wirbelsäulenchirurgie nehmen kann.
Das SpineLab klärt Fragen aus der Klinik und in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten aus der Wirbelsäulenchirurgie der Universitätsklinik Balgrist und Forscher/innen der ETH Zürich und der Universität Zürich. Das SpineLab kann so Einfluss auf den klinischen Alltag der Wirbelsäulenchirurgie nehmen.