Aknecreme mit schützender Tiefenwirkung
Das Hautbakterium Cutibacterium acnes sorgt zusammen mit vielen anderen Bakterienarten als schützender Film für ein gesundes Hautklima, auch rund um die Schulter. Doch das Aknebakterium hat ein Janus-Gesicht: einerseits schützt es die Haut – mit Ausnahme im Gesicht pubertierender Jugendlichen –, andererseits fördert es aber im Gewebe unter der Haut Entzündungen und Komplikationen.
Wenn nach Operationen des Schultergelenks Schmerzen infolge von Infektionen auftreten, dann sind bei über 60 % der Fälle Aknebakterien mit im Spiel. Sie werden bei den notwendigen Folgeoperationen im Infektionsherd nachgewiesen. Gründliche Desinfektion des Operationsfeldes und eine Antibiotikabehandlung vermögen offensichtlich ihr Eindringen nicht zu verhindern.
Wird jedoch eine Woche vor dem operativen Eingriff allabendlich die betroffene Schulter grossflächig mit einer kommerziellen Aknecreme eingerieben, dringen diese Aknebakterien nicht mehr bis zur Schultergelenkskapsel vor. Dies hat eine Studie der Universitätsklinik Balgrist an 60 Patientinnen und Patienten nachgewiesen.
Zwei Eigenschaften sind massgebend dafür, dass die Aknebakterien bis zur Gelenkskapsel gelangen können: Sie besiedeln vornehmlich Talgdrüsen der unteren Hautschicht, insbesondere rund um die Haarwurzel, und entgehen somit der oberflächlichen Hautdesinfektion. Zum Zweiten schützen sie sich mit einer Antibiotikaresistenten Hülle. «Wenn das Aknebakterium sich vor Antibiotika abschirmend einkapselt und so bis zur Schultergelenkskapsel gelangt, kann es dort das eingebrachte Material, zum Beispiel die Prothese, infizieren», sagt die Erstautorin der Studien, Dr. med. Ines Unterfrauner, und ergänzt: «Es besteht in der Operation beim Schnitt durch die Unterhaut die Gefahr, dass man das Bakterium nach innen zum Gelenk bringt.»
Die für die Studie gewählte kommerzielle Aknecreme hat sich deshalb als wirksam erwiesen, weil sie zwei wirkungsvolle Substanzen enthält: den antibakteriellen Wirkstoff Benzoylperoxid sowie das Antipilzmittel Miconazolnitrat, das gemäss Laborstudien auch erfolgreich antibiotikaresistente Bakterien auslöscht.
An der Balgrist-Studie nahmen zwischen November 2018 und Mai 2020 sechzig erwachsene Patientinnen und Patienten im durchschnittlichen Alter von 59 Jahren teil.
Die im renommierten Journal of Shoulder and Elbow Surgery veröffentlichte Studie wurde mit drei Preisen ausgezeichnet: Für das beste klinische Paper mit dem Neviaser Award der Amerikanischen Gesellschaft der Schulter- und Ellbogenchirurgen, ferner mit dem EFORT Free Paper Award Orthopaedics der Europäischen Vereinigung der Orthopäden und Unfallchirurgen für das beste Paper sowie mit dem Balgrist Research Award in Orthopaedics der Universitätsklinik Balgrist für das beste klinische Paper.